Die Nibelungen

Die Waisenseele Richard haben wir erledigt. Nun kommen wir zur nächsten... ich muss noch überlegen um welche der  vielen verlorenen Seelen die hier auftauchen es sich handeln könnte...

Und zur Geschichte von Liebe, Hass und Verrat.

Offenbar geht es ja immer nur darum...

Hier wird es also  um  die Nibelungen gehen.

 

Ihr wisst schon: Siegfried der den Drachen umnietet, sich im Drachenblut wälzt, einer flammenumtosten Dame im Norden ein Eheversprechen gibt und bricht, sich dann in ein holdes Königstöchterlein verguckt, das er aber erst kriegt wenn er ihrem Bruder zu einem Eheweib verhilft - fatalerweise dieselbe Amazone der Siegfried zuvor nicht fein mitgespielt hat - und was sich so alles daraus ergibt.

Jede Menge Lug und Trug und Sex and Crime...

Und zum Schluss sind alle tot und eine Burg brennt....

 

Es war meine erste Semesterarbeit damals im germanischen Seminar;

Anno 1977 ...

Schwerpunkt: Krimhilds Rache.

Fand ich schon immer hochinteressant.

Mal sehen was sich hier entwickelt.

 

Ich glaube was ganz anderes...

"Uns ist in alten mæren wunders vil geseit

von helden lobebæren, von grôzer arebeit,

von freuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,

von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen."

 

So fängt sie an, die berühmteste Mär des Mittelalters, das Seelenlied der Deutschen, und ihnen so heilig wie den Briten König Artus und die Gralsdichtung. 

Entstanden ist sie wahrscheinlich - so haben es die Germanisten und Historiker ausgeheckt - wohl um 1200 im Raum Passau. Doch die Sage, auf der sie  basiert, ist viel älter und reicht bis in das kriegerische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurück. Historischer Anknüpfungspunkt  ist die Zerschlagung des Burgunderreiches - welches im Raum von Worms in der Spätantike bestand - um 436 durch den römischen Heerführer Aëtius und hunnische Hilfstruppen.

Der Text des Nibelungenlieds ist in, größtenteils nur noch fragmentarischen, 37 deutschen Handschriften erhalten. Die drei ältesten vollständigen Texte sind die Handschriften A, B und C, nach Karl Lachmann mit Buchstaben benannt. Seit 2009 gehören diese drei Schriften zum UNESCO Weltdokumentenerbe.


 

 Falls sich jemand den ganzen Kram hier sparen und nur den Inhalt wissen will - bitte. 

Langweilig und unergiebig - aber bitte. https://www.nibelungenland.net/Nibelungen/Das-Nibelungenlied

Sogar in neuhochdeutscher Übersetzung. Jedenfalls mehr oder weniger...

 

Das hier wird jedenfalls lustiger.

Der Dichter

 

Name: unbekannt

Herkunft: unbekannt

Status: unbekannt

Alter: unbekannt

 

Man kann nur vermuten und das wird auch reichlich getan.

Er sei wohl ein gescheiter und sachkundiger Mann der Kirche, aus der Gegend zwischen Passau und Wien, gewesen.

Vermutlich war er wirklich ein Kirchenmann, weil in der Regel nur Kirchenmänner lesen und schreiben konnten. Aber er kannte sich auch verteufelt gut mit heidnischem - vor allem nordischem - Sagengut aus und hat dort geklaut wie ein Rabe. 

Aber damit hört die Herkunftsforschung nach dem Autor auch schon auf. Andere Dichter des Hochmittelalters kennt man, sogar bildlich, wie den berühmtesten, nämlich Walther von der Vogelweide; aber auch viele andere sind bekannt und sogar urkundlich erwähnt.

Der Nibelungendichter bleibt im Dunkel.

 

Übrigens kam mir im Verlaufe dieser Doku die Idee, es könnte sich beim Dichter um eine Dichterin gehandelt haben. Und offenbar bin ich da nicht die erste, denn 1983 erschien - natürlich in der "EMMA" - folgender Artikel:

 https://www.emma.de/artikel/nibelungen-kriemhilds-rache-264366 

Einiges erscheint schlüssig, anderes absolut nicht - zum Beispiel glaube ich nicht, dass eine damalige Ordensfrau  Schlachten und Kämpfe so genau und ausführlich hätte beschreiben können wie im zweiten Teil geschehen- und daher bin ich mir sehr im Zweifel. 

 

Meine eigene Meinung? Die Frauen sind die beherrschende Spezies in diesem Lied, stark und rachsüchtig wie wir sehen werden, während die Männer ein beklagenswertes Schauspiel in Jämmerlichkeit bieten und zwar - bis auf ein oder zwei Ausnahmen - alle Beteiligten. Entweder sind sie strohdumm oder von rabenschwarzem Charakter, was vielleicht erklärt warum die Emma-Schreiberin auf eine Dichterin verfiel. 

 

Ich jedenfalls bleibe beim Dichter und  dem Namen den ich ihm verpasst habe; schließlich ist er eine wichtige Person, die ständig präsent ist.

Soll er doch Hans Ulrich heißen.

Dramatis personae...

 

Ladys first - somit Brunhild, die Schildmaid...

 Hans Ulrich hat sie zwar aus der nordischen Edda geklaut, wusste dann aber offenbar nicht so recht, was er mit einem derartigen Flintenweib anfangen sollte. Also stutzte er sie zurecht - zu einer sehr viel  langweiligeren isländischen Königin, mit einer fatalen Vorliebe für den Dreikampf.

Dabei war sie ursprünglich so ein Prachtweib - allerdings in mehrfacher, teilweise abweichender Ausführung. Alle aufzuführen wäre seitensprengend und ist auch nicht Zweck dieser Darstellung -  hier nur die relevanteste: eine Walküre war sie, eine von Odins Mädchen, die die gefallenen Krieger nach Walhall geleiteten - jedenfalls die tapfersten

unter ihnen - die dann an des Götterpapas Tafel schmausen durften.

Und sicherlich war sie eine von denen, die mit Odins Wölfen tanzten oder mit seinen Raben um die Wette flatterten. 

Ein echtes Superweib.

 

Doch dann war sie bedauerlicherweise bei Odin in Ungnade gefallen - das aufmüpfige Mädel hatte gegen seinen Willen in einen Kampf eingegriffen und offenbar ein paar ungeplante Leichen hinterlassen - und er hatte sie darob zum Dauerschlafen in eine Waberlohe (einen Feuerring)  verbannt -  sozusagen als ursprüngliche, nur männlich-göttliche - böse Fee, die ein gepanzertes Dornröschen schlafen legt.


 

Daraus befreit wurde sie von Siegfried, der da des Weges kam, gerade einen Drachen erlegt und jede Menge  Schätze erbeutet hatte -(von einem Blutbad mit anschließender Hörnerhaut ist keine Rede) - und so richtig in der Stimmung war sich durch einen Feuerring zu stürzen und eine dort liegende, offenbar äußerst ansehnliche, wenn auch bis an die Zähne bewaffnete, Dame zu erobern - Verzeihung, zu erlösen -  und das vermutlich mit weitaus mehr als einem Küsschen.

 

Erobert und vergewaltigt oder nicht: Brunhild - vermutlich des Schlafes und Geröstetwerdens überdrüssig -  ist dennoch angetan  (erzählt die Sage) und schmiedet als anständiges Mädchen Hochzeitspläne; aber Siegfried muss noch mal kurz weg - selbstverständlich nach den üblichen ewigen Treueschwüren.

Die er schon auf halbem Wege nach wohin auch immer vergessen hat.

Einige der älteren Sagen berichten er habe einen Zaubertrank erhalten, deshalb alles und jede(s) vergessen und sich stattdessen in eine anderes hübsches Weib verguckt. 

Schwer zu glauben, mit einer Hornhaut auf dem und einem gigantischen Nibelungenschatz im Rücken. Den hat er nämlich nicht vergessen, weil er ihn seiner künftigen Gemahlin als Morgengabe offeriert...

Und die heißt nicht Brunhild.

Ich denke, dass  ihm die Walküre ohnehin  ziemlich egal  und nur ein weiteres Abenteuer auf seinem Weg war. Und vielleicht  hatte er auch kein Interesse daran als Prinzgemahl in Island zu herumzugockeln.

 Anders ist kaum zu erklären, dass er  dann mit dem Bruder des neuen Liebchens los zieht um diesem zu einer Braut zu verhelfen - und zwar ausgerechnet Brunhild.

Und die hat nichts vergessen.

Kriemhild

Auch sie hat Hans Ulrich umgedichtet, denn ein Äquivalent von ihr findet - unter anderem Namen - ebenfalls in der nordischen Saga Erwähnung.

Unter Hans Ulrich ist sie zunächst nichts weiter als ein liebliches, züchtig- braves Königstöchterlein, das von drei Brüdern (obwohl auch noch eine Mutter existiert) behütet - wohl eher bewacht -  wird. Dass - und vor allem wie - sie sich entwickeln wird darf als  phänomenale Dramaturgie des Dichters angekündigt werden.

Bis jetzt ist sie eine hübsche, fade Gans - aber was soll man auch anderes sein oder werden, wenn man in der Kemenate stickend und webend unter Verschluss gehalten wird?

Mit der ursprünglichen Brunhild hat sie gar nichts gemein - nicht mal mit der  von Hans Ulrich entschärften Brunhild, denn selbst die hat noch so einiges auf Lager, was der braven Kriemhild nicht im Traume einfiele. Bisher jedenfalls nicht.

Und dann verliebt sie sich auch noch bis über die Ohren in den falschen Mann - einen "Helden" von zweifelhafter Herkunft und zweifelhaftem Charakter.

Nun - die Auswahl war auch nicht sonderlich groß...

Frau Ute

Sie deutet der Tochter einen Traum, der nichts Gutes weissagt, sich aber bedauerlicherweise bewahrheitet. Man beachte den Nachttopf unterm Bett und das kopulierende Federvieh...

Ihres Zeichens Mutter dreier Könige, die alle nicht viel hermachen, und einer schönen Tochter. Ansonsten tritt sie nicht oft in Erscheinung, außer als Kassandra, der niemand glaubt.

Ein Bild zeigt Ute mit zweien ihrer Söhne: Gernot, der Diplomat, und Giselher, der immer "daz kint" genannt wird - selbst als er schon ungefähr die Fünfzig erreicht hat. 

Gunther, der älteste, wird hier schamvoll ignoriert. 

Vielleicht hat sich schon Frau Ute seiner gründlich geschämt.

(übrigens ist auch dieses Bild von mir korrigiert worden; das Original zeigt Ute als fette, alte Matrone, als die ich sie nicht sehe.)


 

Keine Frauen mehr übrig - nun also die Männer: Siegfried

 

Die Verfilmung von Fritz Lang (Stummfilm) ist allerdings weitaus sehenswerter.

Und Siegfried vieeeeel martialischer - nordisch blond, trutziger Blick  und markiges Kinn.  Und auch ohne Waschbrettbauch. 

Also - wenn es jemals ein Bildnis des dümmlichen Recken gegeben hat, dann ist es dieses.

In den 60iger Jahren wurde die Nibelungensaga opulent von Artur Brauner  verfilmt, mit Uwe Beyer, (ein olympischer Hammerwerfer) als Siegfried und Karin Dor als Brunhild. Vermutlich weil sie dunkelhaarig war, denn ein anderer Grund fällt mir nicht ein.

Der Hammerwerfer war gar keine üble Wahl - blond gelockt, massiver Kiefer, argloses Grinsen und halbwegs ausreichend Muskeln - (ohne Waschbrettbauch, weil ohne Anabolika) -denn so sollte man ihn sich vorstellen. 

(Womit ich natürlich nicht andeuten will dass Herr Beyer real diesem Bild entsprochen hat. Er hat es eben nur gut dargestellt. Sogar sehr gut...)

 Aber ehrlich - auch wenn dieser Siegfried einem Mann etwas ähnlicher sieht, so ist Atzes grinsender Bubi  doch viel näher an dem Hohlkopf dran, als den ich den Drachentöter stets gesehen habe...



Ich habe den Atze Brauner Film nie gesehen, aber schon die Bilder sagen mir, dass der Hairstylist erschossen gehört. Offensichtlich ist er nie auch nur in die Nähe einer Bibliothek mit entsprechenden historischen Vorlagen gelangt, denn anders sind diese unsäglichen Frisuren nicht zu erklären.  Da ich auf einiges Bildmaterial zurück gegriffen habe musste ich den Beteiligten angemessenere Haartrachten verpassen. Im Original waren sie schlicht unerträglich.

GRAUENHAFT!!


Auch wenn Hans Ulrich sich die größte Mühe gegeben hat aus ihm einen zweiten Arminius zu machen, sogar einen Königssohn aus bestem Hause - der echte Siegfried pladdert immer wieder durch.

Ursprünglich ist er ein Findelkind, aufgezogen von einem Schmied in einer Höhle, wo man Muskeln ansetzt aber keine feinen Manieren lernt; er ist ein Abenteurer, der sich nimmt was er haben will und der niemals ausgebremst wurde - nicht mal von einem feuerspeienden Drachen-  was ihn ziemlich schwindelfrei gemacht hat - um nicht zu sagen etwas größenwahnsinnig. Von dem Schmied Mime hat er auch das Schwert, den Balmung, der noch eine wichtige Rolle spielen wird.


Aber unverwundbar durch Drachenblut und Tarnkappe?

Nix da. Dann wären seine Heldentaten ja nichts als Hokuspokus.

Hier ist Hans Ulrich also schon wieder ein Fehler unterlaufen denn diese Unverwundbarkeit  hat er sich einfallen lassen. Die alten Sagen wissen nichts davon. 

Ein Königssohn aus Xanten? Nie im Leben! Abgesehen davon dass er mit schöner Regelmäßigkeit an Xanten vorbeibraust ohne Vater und Mutter auch nur zuzuwinken, taucht er am Hofe der drei Könige zu Worms auf und zettelt sofort Streit an, ohne erkennbaren Grund oder Provokation. Ein Raufbold eben.

Und selbst da kriegt er keins auf den Deckel, sondern die drei Brüder üben sich in Beschwichtigung. Und laden ihn sogar ein - einzig beargwöhnt von dem Tronjer, von Hagen. 

 

Irgendwann auf seinen Fahrten hat er wohl von Kriemhild gehört und hatte so die Idee sie sich mal anzusehen.

Dass es Brunhild gibt hat in seinem Hirn, in dem ohnehin keine Überfüllung herrscht, schon längst keinen Platz mehr. 

Hans Ulrich seinerseits hat natürlich  keine Mühe gescheut das Mädel ins Schattenkabinett zu verbannen.

Er versucht sie, samt ihrer  anstößigen Geschichte, unter dem Deckel zu halten.

Sie taucht erst wieder auf, als Gunther nach einer Braut Ausschau hält, auf die Königin von Island verfällt  - und Hagen sophistisch sagt, er könne doch Siegfried um Hilfe bitten, da der ja so erstaunlich gut über sie informiert sei...

Huch!

Da ist Hans Ulrich schon wieder ausgerutscht, denn eigentlich darf sein Held die Auserwählte, über die er offensichtlich sinn-und-hirnlos  daher plappert,  ja gar nicht kennen.

Solche Patzer passieren ihm laufend.

Dem Dichter.


Mittlerweile sind Siegfried und die Könige aber richtig dicke miteinander, nicht zuletzt, weil der Muskelprotz einen Krieg für sie gewonnen hat; also darf er die jungfräuliche Schwester bei einem Fest endlich besichtigen.

Er ist hin und weg- Brunhild könnte ebensogut auf dem Mond sitzen, so hin und weg ist er. Also will er "daz vil schoeniu magedin" zum Eheweib.

 Sie ist auch hin und weg, hält ihn für einen jungen Gott und will ihn auch.

Natürlich.

Viele Vergleichsmöglichkeiten hatte sie ja schließlich nicht.


Aber die Brüder zögern - und man fragt sich warum. Ist er von hoher Geburt gibt es keinen Hinderungsgrund. Im Gegenteil -   ein Königssohn wäre doch  eine kolossal wünschenswerte Partie!

Tja.

Er ist aber -ursprünglich - keiner und Hans Ulrich weiß auch nicht so recht, wie er sich aus diesem Dilemma herauswinden soll.

Also ignoriert er es schlicht und lässt unseren tumben Helden, als der König wegen der isländischen Königin bei ihm anfragt, einfach eine Bedingung stellen und die Herren einen Kuhhandel schließen.

Brunhild gegen Kriemhild. 

Na - der Handel gilt.

Dass Brunhild inzwischen von einer Walküre zu einer Königin von Leichtathletikformat herabgestuft ist, die angeblich nur den zum Manne nimmt der sie in drei Disziplinen besiegt, macht die Angelegenheit etwas prekär und Siegfrieds Anwesenheit offenbar notwendig.

Erzählt uns der Dichter.

Außerdem kennt er den Weg.

Dass Brunhild, als die Herren in Island eintreffen, freudig auf Siegfried zueilt um ihn zu begrüßen ist wieder so ein Patzer. Ein noch größerer, dass Brunhild, als sie kapiert, dass ihr Herzensmann für seinen König um sie anhält, not amused ist.

Kann man ihr auch nicht wirklich verdenken.

In Erklärungsnot geraten erzählt Siegfried doch tatsächlich, er sei des Königs Gefolgsmann und somit nicht standesgemäß für die Königin. Gunther benickt die Mär und Brunhild muss es schlucken. Dass die Sache oberfaul ist und sie es instinktiv weiß, ändert nichts daran.

Sie muss es schlucken.

 

Und schon gehts los mit dem Tarnkappenbetrug.

 

Die drei Könige - oder: drei Nullen in Worms

 

Dreimal Null ist immer noch Null - mehr ist eigentlich über die Drei nicht zu sagen.

Sie waren drei Könige, die weder heilig waren noch ins Morgenland wollten, sondern einfach nur so rumsitzen, in der Hoffnung, dass schon nichts Schlimmes passieren würde, wenn man es nicht herausforderte. Wären sie Schneider, Schuster oder Sattler gewesen hätten sie damit vielleicht durchkommen können ohne größeres Ungemach herauf zu beschwören.

Leider waren sie Könige und sollten ein Reich regieren - und schon der erste Windstoß, in Person eines hergelaufenen Rüpels, ließ sie auf dem Hintern landen.  Gernot, ein geübter Diplomat, bemühte sich die Situation durch Reden zu retten um den Raufbold zu besänftigen. Giselher, genannt "daz kint" versuchte es durch Welpenzutraulichkeit, die gar nicht mal schlecht ankam.

Und Gunther? Der älteste? Der rang nur die Hände und wollte wissen, womit er das denn verdient hätte.

Ein reizendes Trio. Würde großartig in den heutigen Bundestag passen.

Dass das Reich nicht längst von anderen Eroberern geschluckt worden war lag vermutlich nur an einem einzigen Mitglied dieses Hofes: 

Hagen von Tronje

Und schon klirrt der Tronjer - waffenstarrend - zur Tür herein. 

Er wirkt ja immer ein bisschen wie Darth Vader im Mittelalter - und vielleicht  hat er sogar für ihn Pate gestanden.

Er wird immer einäugig dargestellt, aber im Lied findet sich darauf kein Hinweis. Dies kommt aus anderen Quellen, in denen Hagen auftaucht. 

Er ist ein loyaler Gefolgsmann der drei Nullen - auch als Oheim, also Onkel bezeichnet - und lenkt sehr wahrscheinlich mehr als sie die Geschicke des Reiches - das allgemein Burgund genannt wird.


 Am Rheinufer bei Worms ist  eine Statue Hagens zu sehen - wie er, auf einem Schild geschultert, den Nibelungenschatz in den Fluss kippt - wohl eher ein Schätzchen, so wie es dargestellt wird, denn bei der immensen Größe dieses Hortes muss Hagen tage- bzw. nächtelang  geschuftet haben...

Seither versiffen die Preziosen  seit Jahrhunderten dank Hagen - und Hans Ulrich - im Rheinschlamm. 

Und unverdrossene Optimisten suchen noch heute nach ihm ... Dabei ist nicht mal eine Eisenbahnlok, die vor rund 170 Jahren dort abgesoffen ist, zu finden- obwohl deren Liegeort sogar halbwegs dokumentiert ist!

Aber jeder Rentner braucht ein Hobby. Und schließlich wurde auch der "Schatz des Priamos" erst 1873 gefunden, also nach über 3000 Jahren. Allerdings lag er nicht im Wasser.

 

Somit haben wir die hauptsächlich agierenden Personen vorgestellt. Zeit für eine kurze Zusammenfassung:

Nun also zum Tarnkappenbetrug...

 

Zwei gegen eine(n) - nicht grade die feine englische Art und  ein ziemlich jämmerliches Stück Feigheit.

Als Gunther des Brockens ansichtig wird den er schleudern soll wird er knieweich. Brunhild, vermutlich ohnehin voll in Rage, schmeißt das Klötzchen problemlos meterweit. Oder noch weiter. Eigentlich hätte ihm hier schon klar sein müssen dass er sich besser verabschieden sollte, aber das kann er natürlich auch nicht mehr. Also stülpt Siegfried die Tarnkappe über, katapultiert den Stein und schmeißt Gunther hinterdrein. Und dann den Speer. 


 Natürlich viel weiter. Alsdann geht er auch noch mit dem Schwert auf die Dame los und haut sie in die Knie. Famos. Hans Ulrich hat offensichtlich kein Problem mit diesem Schwindel  und er lässt das Ganze völlig normal aussehen - kein Anwesender - abgesehen von denen die ohnehin Bescheid wussten - kriegt mit, dass Gunther überhaupt nicht zugange ist. Im Zeitalter der digitalen Bearbeitung wäre das ja kein Problem. Damals war es schon ein nettes Kunststückchen... Und schließlich - so sehen das die Helden samt ihrem Dichter - ist die Königin ja sicher nur durch Magie so stark. Da muss man eben gerechterweise mit eigener Magie gegenhalten.

 Nun ist sie also besiegt, die Königin von Island und muss Gunther nach Worms folgen. Mit welcher Freude sie das tut lässt sich denken und auch eine überaus herzliche Begrüßung durch Gunthers Sippe - sprich Mutter und Schwester  - dürfte daran nicht viel ändern.

Hans Ulrich äußert sich dazu nicht weiter und lässt den Vorhang erst wieder  bei einer Doppelhochzeit hochgehen . 

 

Die sehr unterschiedlich ausfällt...


Hochzeitsnächte - und ihre Folgen....

 

      Erwartungsvoller Bräutigam: König Gunther.

Jubel allüberall - das Volk ist selig, denn es liebt Feste, vor allem königliche Hochzeiten.

(Diese übrigens bis heute.)

Glückstrahlendes Brautpaar: Kriemhild und Siegfried.

(Er legt ihr noch flugs den Nibelungenschatz zu Füßen,  als obligatorische Morgengabe; vermutlich hat er ihr einen Barscheck überreicht, denn ich wüsste nicht, wie er die Goldmassen so rasch herbeigeschafft haben sollte)

 

 

 

    Äußerst missgelaunte Braut:                          Brunhild.


Während der Honigmond des blondgelockten Traumpaares selbstverständlich honiggleich verläuft, hatte sich Gunther den seinen wohl garantiert anders vorgestellt.

Brunhild ist voll des Argwohns hereingelegt worden zu sein und zischt, sie werde  "ez" schon in Erfahrung bringen.


 

Nun muss sich Hans Ulrich weidlich abstrampeln, denn einerseits kann Brunhild ja nichts über nichts wissen  (tut sie aber doch) weil die Aventüre mit ihr und Siegfried ja gar nicht stattgefunden haben darf  (hat sie aber doch) und gleichzeitig - da hier noch im Besitz ihrer Jungfräulichkeit - ist sie nicht nur voll des Argwohns sondern auch noch voll der Stärke. Und Gunther für sie ganz offenkundig kein Gegner, was schon etwas wundern lässt, denn später, bei den Kämpfen am Hunnenhof, wird er als passabler Recke angepriesen.

 

Entweder hat er bis dahin jede Menge Bodybuilding betrieben oder Brunhilds Walkürenkräfte müssen enorm gewesen sein...

Jedenfalls fackelt sie nicht lang und hängt den ungewollten Gatten kurzerhand an einen passenden Nagel. Der hält sein Gewicht sogar ohne Dübel...

Erst am Morgen holt sie ihn herunter.

Dies kommt einer Entmannung gleich und entsprechend ist Gunthers Gemütszustand anderntags.


 

 Er rauhreift so sehr dass es sogar Siegfried bemerkt, dem er schließlich sein Herz ausschüttet. Na - und dem Idioten fällt nichts besseres ein als Kumpelhilfe anzubieten und - vermittels der Tarnkappe - das unbotmäßige Weib an Gunthers Stelle zur Raison zu bringen. 

Natürlich geht Gunther darauf ein, was ebenso natürlich eine Menge über ihn aussagt - eigentlich alles. Seinetwegen darf Siegfried die Königin gerne totschlagen, so sauer ist er.

Kurzum - nach einem schweißtreibenden Zweikampf überwältigt der kühne Held die Dame und legt sie dem erwartungsvoll harrenden König mundgerecht aufs Lager - klaut ihr aber gleichzeitig - ewiger Beutemacher, der er ist - einen Gürtel und einen Ring. 

Um was damit zu tun?

Man glaubt es kaum - aber er überreicht beides Kriemhild! Wohl als zusätzliche Morgengabe...

Und erzählt ihr auch noch wie er dazu gekommen ist!

Damit legt er  die Bombe die ihn vernichten wird.

 

Mich wunderts nicht. Hat es noch nie. Um einen Feind fürs Leben zu haben muss man ihm nur einen Gefallen tun - den der andere nicht erwidern kann...

Eigentlich könnte sie sogleich hochgehen diese Bombe, denn alle Lunten sind gelegt und  auch schon fleißig am Glimmen, aber dazu ist Hans Ulrich zu sehr Dramatiker. Er muss noch einmal alle Wolken vom Himmel fegen und ein paradiesisches Elysium erschaffen, damit der Absturz umso tiefer und schröcklicher ist. 

Also lässt er das Traumpaar zunächst nach Xanten aufbrechen und dort 10 Jahre lang König und Königin spielen, denn der greise Heldenvater Siegmund setzt dem heimgekehrten Sohn flugs die Krone aufs Haupt.

 

Jedoch tut der Dichter uns den Gefallen - dramaturgisch exzellent! - ein Blitzlicht auf Kriemhilds eigentliches Wesen zu werfen - das nun, im Laufe der kommenden Aventiuren, peu a peu aus dem Ei kriechen wird.

Vor der Abreise nach Xanten tritt sie nämlich vor ihre Brüder und fordert ihr Erbteil! 

Sehr zum Unbehagen des Gatten - von der Gunthers gar nicht zu reden.

Der eine winkt verlegen ab, der andere will es am liebsten überhören, aber beide laufen ins Leere, denn die königliche Dame denkt gar nicht daran auf etwas  zu verzichten was ihr zusteht, obwohl sie doch inzwischen bis zum Hals im Nibelungenschatz steckt und keinesfalls auf die Brosamen der brüderlichen Tafel angewiesen ist.

Aber die Mitgift steht ihr zu und sie will sie haben und nicht etwa als armer Leute Kind nach Xanten ziehen, sondern als Königstochter mit entsprechender Ausstattung! 

 Und sie kriegt sie auch, setzt sich zweimal über den Einspruch ihres, etwas aus dem Tritt geratenen, Helden hinweg und leiert den Brüdern 500 Männer und 32 (?) Frauen aus dem Staatsschatz. Nur Hagen, den sie auch will, den kriegt sie nicht, denn der Tronjer brüllt sie an er sei kein Geschenk und wechsle seine Herren nicht wie die Beinkleider. Wen immer sie haben wolle - ihn nicht!

Sie zieht also, vermutlich etwas eingeschüchtert, ohne ihn ab.

Und wird, wie schon erwähnt, Königin in Xanten. 

Sowie Mutter eines Sohnes.

Gehört sich so. 

Der Spross heißt übrigens Gunther.

Eine Reise in die Heimat und königlicher Zickenkrieg

 

 Zehn Jahre dauert das Idyll, dann kommt Hans Ulrich wieder zur Sache.

Brunhild im fernen Worms ebenfalls.

Sie ist - by the way - mittlerweile ebenfalls Mutter eines Sohnes (Siegfried heißt er).

Beide Söhne, weder der in Worms noch der in Xanten, spielen eine Rolle - nicht für die Mütter und auch nicht für den Dichter. 

Sie müssen eben sein. Traditionell.

Wichtig ist allein den Recken wieder nach Worms zu holen.

Brunhild äußert diesen Wunsch, Gunther folgt ihm selbstverständlich, und ein Tross edler Ritter wird ausgeschickt um die Einladung zu überbringen.

 

Siegfried lässt die Boten ungebührlich lange auf Antwort warten - warum auch immer. Vielleicht hatte er ein Vorahnung.

Aber Kriemhild überwältigt das Heimweh, also macht man sich schließlich auf den Weg. 

Einen Teil des Nibelungenschatzes nimmt man auch mit. Schließlich muss man  ja ein paar Geschenke verteilen. Auch der alte Papa, König Siegmund, möchte die Rheinmetropole besichtigen. Nur das Söhnchen lässt man zu Hause.

Schwer beladen erreichen sie das schöne Worms, wo ihnen vor allem zwei Menschen mit besonderem Interesse entgegenblicken: Hagen, dem angesichts der kleinen Kostprobe des Schatzes Dollarzeichen in die Augen schießen, und der, nach kurzem Kopfrechnen über die tatsächliche Größe, angelegentlich zu Gunther meint, dass " der Hort solt kommen immerdar in der Burgunden Land!" Was  dem König ein paar angenehme Phantasien beschert...

Und zum anderen Brunhild, die sich aber nicht im Geringsten um die Preziosen schert, sondern nur um einen Gedanken - und das vermutlich seit zehn Jahren: "Wie war das damals wirklich??? 

Na - Frau Ute stand vermutlich auch auf einem Balkon, um die Tochter nach 10 Trennungsjahren anzuwinken.

Elf Tage verlaufen  alsdann in Freude und Wonne - auch dies wird von Hans Ulrich wieder meisterlich aufgebaut.

Am zwölften Tag lässt er den bösen Wurm  zischend an die Oberfläche kommen -  aber noch nicht sofort zuschnappen .

  

 

Den - weltberühmten - "Königinnenstreit" hat  Hans Ulrich einfach brillant inszeniert!

Da sind zwei Frauen, die beide seit Jahren - zehn um genau zu sein - einen bösen Wurm in der Seele tragen, der sich nun allmählich an die Oberfläche nagt...

Die eine hat man übelst verladen und sie weiß es - zumindest unbewusst weiß sie es. Sie lebt seit zehn Jahren mit einer Null zusammen und weiß dass er nicht derjenige gewesen sein kann, der sie damals bezwungen hat.

Unbewusst und instinktiv weiß sie es, aber benennen kann sie es nicht. Das ist ein elender Wurm, der in ihrem Innern knabbert - und an ihrem Herzen. 

Und die andere erhält von ihrem Herzblatt einen Ring und einen Gürtel, sowie einen höchst fragwürdigen Bericht wie er dazu gekommen ist.

 


Was aber hat er in dieser Nacht wirklich getan? 

Und dann gehts los...

Es werden ein paar Ritterspiele abgehalten - sprich: die Herren dürfen sich - vermutlich mit Holzschwertern - kloppen, die Damen sitzen auf dem Balkon, schauen zu und schlürfen Aperitifs .

Brunhild - stilbewusst - aus einem Methorn, Kriemhild aus einem damenhaften Römer.  Letztere hat definitiv mit dem Zoff angefangen, auch wenn die Herren Germanisten sich teilweise krummlegen um es Brunhild anzuhängen. 

Aber sich vor ihrer Gastgeberin aufzubauen und den eigenen Gatten  über jedes menschliche - vermutlich auch göttliche - Wesen zu erheben und zu loben lässt vermuten dass sie entweder dem Riesling  allzu sehr zugesprochen hat, von Natur aus jedes Taktgefühl vermissen lässt, oder sich selbst, bzw. der Dame gegenüber, etwas beweisen will.  

Die geistigen Purzelbäume der Germanisten hier wieder zu geben und zu zerpflücken schenke ich mir.

Das musste ich vor 42 Jahren in meiner Semesterarbeit tun, die Frau Professor Schulze zwar durchaus gelobt aber dennoch auf nahezu jeder  Seite mit dem Buchstaben A markiert hat. A für Ausdruck. Und A für Ausdruck heißt: "das ist kein wissenschaftlicher Begriff." Und kann mir jetzt schnurzegal sein. Hier kann ich schreiben was ich will.

Kriemhild, "daz vil édel magedîn" führt sich auf als wäre sie vom Hafer gestochen. Zunächst mal erklärt sie lauthals, ihrem Mann, der da unten herumtollt, müssten alle Reiche untertan sein. Brunhild antwortet - noch - mit Mäßigung wenn auch leiser Zurechtweisung, dass es schließlich noch andere Herren auf der Welt gäbe. Gunther zum Beispiel. Kriemhild hört überhaupt nicht zu und faselt weiter, ihr Gatte sei der "lichte Vollmond vor den Sternen" und sie sei unglaublich stolz. Auf ihn. Und überhaupt.

Brunhild, langsam etwas genervt, entgegnet dass ja wohl ihr Mann, (Gunther die Null), zuerst käme. Auf jeden Fall vor Siegfried. Muss sie hart angekommen sein das herauszuwürgen, aber sie hat schließlich Standesehre.

Denn schlussendlich hat sich Siegfried ja bei der fatalen Brautwerbung als Gunthers Gefolgsmann vorgestellt. Und war damit nicht mehr standesgemäß für eine Königin. Und das fällt ihr jetzt wieder ein. Gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Ist er Gunthers Gefolgsmann steht er rangmäßig unter ihm und das reibt sie Kriemhild, die immer weiter palavert, schließlich unter die Nase, was diese endlich aus ihrem Wolkenkuckucksheim herunter holt und unsanft landen lässt. Brunhild reitet genussvoll auf diesem hohen Ross weiter und erklärt, das hätten ihr beide Herren versichert.

Damals in Island. 

Kriemhild glaubt kein Wort. Erstmal. Niemals hätte doch ihr Bruder sie einem Gefolgsmann zur Frau gegeben? Dass sie selbst total versessen auf den Kerl war ist ihr momentan entfallen. 

Als ihr dann dämmert dass sich Brunhild das nicht so ohne weiteres ausgedacht haben kann, bittet sie doch tatsächlich die liebe Schwester, sie möge aufhören mit dieser Tirade - mit der sie schließlich angefangen hat - und nie mehr davon reden.

 Brunhild denkt nicht daran. Jetzt wird Tacheles geredet und die Fakten auf den Tisch geknallt.  

Und Kriemhild bekommt was sie verdient - nämlich eine saftige verbale Abreibung. (Zu der sich, wenig später auch noch eine körperliche gesellen wird - nämlich durch ihren Gatten...)

Brunhild erklärt süffisant, es gäbe keinen Grund auf eine Lehnshoheit zu verzichten, worauf Kriemhild schreit, ihr Gemahl hätte ja wohl niemals Dienst oder Zins in den vergangenen zehn Jahren geleistet, also wäre diese Behauptung lächerlich. Und überhaupt hätte sie es satt mit ihr zu reden. Offenbar gehen ihr die Argumente aus, aber Brunhild hat von dem Gezeter ebenfalls genug und erklärt ihr kalt sie würde sehr bald erfahren wie ihr Status sei.

Daraufhin kündigt ihr Kriemhild an dass sie das sehr wohl in Bälde wissen würde, denn in einer Stunde würde sie öffentlich und vor aller Augen vor ihr die Kirche betreten.

Nun - es  ist schwer nachvollziehbar für uns heutige, die Andrang vor der Kirchentür, wenn überhaupt,  allenfalls noch zur Christmette erleben, welchen Stellenwert es haben sollte zuerst dort hinein zu gelangen - aber das müssen wir wohl so hinnehmen.

Kriemhild, inzwischen sichtbar außer Rand und Band, saust in ihre Gemächer und befiehlt ihren Frauen sich auf das äußerste herauszuputzen, (welche Orgie  Hans Ulrich ausführlich beschreibt - worauf die"Emma"-Redakteurin übrigens ihre These stützt, der Dichter müsse eine Dichterin gewesen sein) um alsdann in vollem Wichs zum Münster zu marschieren- begafft und bestaunt vom Volke. 

 

Brunhild wartet bereits und hat sich vor dem Tor aufgebaut. Um es zu versperren. Das ist nicht weiter schwierig, denn anders als im Film handelt es sich hier- sofern wir vom Wormser Dom ausgehen wollen - nicht um ein gewaltiges Portal mit dazugehöriger Freitreppe, sondern um ein relativ bescheidenes, wenn auch hübsches, Kirchentürchen, das zu blockieren einer Ex-Walküre keine Probleme bereitet.


Sie befiehlt - und zwar mit befehlsgewohnter und daher weithin hörbarer  Kasernenhofstimme - der Schwägerin samt ihrem aufgebrezelten Tross stehen zu bleiben, denn die Frau eines Lehnsmannes habe zu warten bis die Königin das Münster betreten habe.

Daraufhin verliert Siegfrieds Eheweib auch noch den letzten Rest von An- sowie -Verstand, tritt an die Gegnerin heran und zischt ihr alles was sie sich aus Siegfrieds Bettgeflüster zusammengereimt hatte ins Gesicht - 

- nämlich dass dieser ihr  erster Bettgenosse war und sie mithin die Hure ihres sogenannten Lehnsmannes gewesen sei. (Nun - was den ersten Bettgenossen angeht liegt sie ja nicht falsch, wenn wir uns die Sache mit der überwundenen Waberlohe betrachten. Die es aber gar nicht gegeben hat, laut Hans Ulrich. 

Aber gegeben hat es  die Freuden der Hochzeitsnacht und eine königliche Null die an einem Nagel gehangen hat und erst von einer Tarnkappe ins Ehebett gehievt werden konnte.) 



Exkurs: Man mag mir zustimmen dass es bei diesem Zickenkrieg nur noch um Vernichtung geht. Offenbar hat Kriemhild es ihrem zweifelhaften Helden nicht verargt, dass er schon in der zweiten Nacht ihrer Ehe in ein fremdes Bett gesprungen ist - was sie ja zu glauben scheint.

Männer durften das. Dass Brunhild mithin getäuscht wurde und somit ebenso ein Opfer ist hat sie anscheinend völlig ausgeblendet. Soviel zur Solidarität unter Frauen, von der ich übrigens noch nie viel gehalten habe. 

Wenn es um die Beute Mann geht kennen Frauen eine solche nicht. Und da spreche ich wirklich aus Erfahrung...

Und es ist sogar wissenschaftlich fundiert, dass das Gerede von der weiblichen Friedfertigkeit ein schöner Traum ist -  von der Springspinne Phidippus clarus bis zu Margaret Thatcher. Den Weibchen der Springspinne haben Biologen der University of California gar eine "Desperado-Kampftaktik" bescheinigt: Geraten zwei Rivalinnen aneinander, ist am Ende meistens eine tot. Ihre männlichen Pendants kämpfen ritualisierter und mit weniger  Verletzungsfolgen. Habe ich bei Hunden ebenso erlebt. Rüden lassen meist ab wenn sich der andere ergibt oder abhaut.

Die Damen kämpfen bis zum Tod.

So also sprach Kriemhild, die als Königstochter eigentlich bessere Manieren gelernt haben sollte als sich wie ein keifendes Marktweib aufzuführen. Frau Ute hat offensichtlich nicht nur bei den Söhnen versagt, sondern ihre gesamte Brut weist erhebliche Erziehungsdefizite auf. Vielleicht ein Fall von Inzucht.

Also sprach Kriemhild und stolziert, samt  Hofstaat, an der fassungslosen Königin vorbei ins Münster,  um dortselbst Gott zu loben und fromme Lieder zu singen.

Hans Ulrich blendet aus und lässt den Vorhang erst wieder nach Kriemhilds frommem Tun hochgehen. Sie tritt aus dem Münster und da steht die Königin von Island und Burgund noch immer, offenbar gelähmt von der ungeheuren Beleidigung, unfähig zu begreifen was ihr da widerfahren ist - und gleichzeitig ahnend dass es wahr sein könnte. Sie steht und grübelt und weint: "Und hat er sich dessen gerühmt so geht es ihm ans Leben!"  (Unt hat er sichs gerümet  - ez gat Sifride an den lip!)

Sich wessen gerühmt???  Sie sagt nicht: "hat er sowas erzählt" sondern: "hat er damit geprahlt" - was soviel heißt, dass es wohl etwas zu prahlen gab...

 

Nun - sie hat "ez" ja in Erfahrung bringen wollen. Das hat sie nun, wenn auch auf eine Weise die sie vor dem gesamten Land demütigt und bloß stellt. Was sie natürlich nicht wollte. 

Man muss halt immer aufpassen was man sich wünscht...

Aber warum - und vor allem: was genau? -weiß Kriemhild davon? 

Also will sie Beweise, will wissen woher Kriemhild ihre Behauptung nimmt. Und eben die fordert sie von ihr, als sie aus dem Kirchenportal tritt.

Beweise will Gunthers Leichtathletikgoldmedaille? Aber sicher doch! Und schon reckt sie die Hand und zeigt den Ring vor, den sie -  sehr vorausschauend - aus Xanten mitgebracht hat und nun am Finger trägt. Brunhild erkennt ihn  und erklärt er sei ihr vor vielen Jahren gestohlen worden. Hat Kriemhild ihn etwa gemopst? 

Daraufhin - und nun wirklich von allen guten Geistern verlassen - zerrt diese ihren Umhang beiseite und präsentiert den Gürtel - von Hans Ulrich ehrfürchtig als von Seide aus Ninive (das zu diesem Zeitpunkt etwa seit ungefähr tausend Jahren in Trümmer lag) und mit Geschmeide besetzt bezeichnet - der Brunhild in jener Nacht vom Leib gerissen worden war.

Das kann nun wahrlich nicht Kriemhild gewesen sein und Brunhild steht vor dem Volke, vor ihrem und Kriemhilds Hofgesinde, vor buchstäblich aller Welt,  zu Tode gedemütigt und vernichtet da.


 

 

Der Wurm ist aus dem Ei gekrochen und zu Lindwurm Nummer zwei geworden. 

Und diesen wird Siegfried nicht erschlagen.

Nun ruft sie Gunther zu Hilfe - was bleibt ihr auch sonst übrig? Der trabt an, wundert sich über den Aufruhr und fragt gütig nach dem Grund. Als er ihn erfährt reagiert er mit der hilflosesten  Phrase die einem in die Enge getriebenen Mann nur einfallen kann: "Das war nicht recht von ihr!" Von Kriemhild, die nun ihrerseits zu heulen anfängt. 

Brunhild verlangt, was ihr als Ehefrau und Königin schließlich zusteht - nämlich Reinigung von dieser Schmach und die Rettung ihrer Ehre.

Oder alternativ lebenslanger Ehebettstreik. Der Nagel steckt ja vielleicht noch immer in der Wand...

Gunther hampelt herum und lässt dann Siegfried kommen. Der erscheint, äugt  - arg-und-ahnungslos wie immer - in die Runde und versteht erstmal gar nix. Wahrscheinlich weil er die ganze Episode vollständig aus seinem Hirn getilgt hat.

Dann streitet er ab. Natürlich. Weil sowohl er als auch Gunther das Ganze stumm auf eine einzige Frage reduzieren - (hast du etwa damals??) - die er mit gutem und reinem Herzen und leerem Hirn verneinen kann. Nein, er hat nicht, und ganz sicher hat er dergleichen nie zu Kriemhild gesagt - und hat sie es behauptet so wird sie es bereuen.

Darauf schwört er einen Eid, vor versammeltem Volk. 


Tja - und damit hat sichs dann. Kein Wort darüber wie Ring und Gürtel aus Brunhilds Schlafkammer in Kriemhilds Hand geraten sind.

Er hat sich "dessen nie gerühmet". Basta. 

Siegfried ergreift seine Gemahlin und führt sie fort um sie in der Kemenate ordentlich zu vermöbeln, damit sie verflucht noch mal kapiert dass sie keine losen Reden zu schwingen hat. Gunther solle mit seiner Frau ebenso verfahren. Meint er.

Der aber zieht es vor auf Tauchstation zu gehen.

Statt seiner tritt Hagen vor, nimmt seine Königin bei der Hand und bringt sie in die Burg.

Und erträgt dort ihr Leid.

 

Brunhild kennt klarerweise nur eine Lösung für das Dilemma: nur Siegfrieds Tod kann diese Schmach sühnen. 

Dem stimmt Hagen unverzüglich zu und begibt sich spornstreichs zu den drei Nullen um ihnen diese Sicht der Dinge zu unterbreiten.

Gunther nuschelt man solle ihn leben lassen, Gernot überlegt eine diplomatische Lösung, die ihm aber nicht einfällt, und der einzige der sich empört, ist "daz kint". Giselher.

In den nächsten Gesprächen lässt Hans Ulrich  das Goldlöckchen nicht mehr auftauchen, dennoch muss der Kleine  ja zumindest geahnt  haben, dass etwas Übles im Gange ist. Aber er steckt den Kopf in den Sand.

Und wenig später hat Hagen den König überzeugt - trotz dessen Ängsten, der Nibelunge könnte sie alle platt machen. Er habe schließlich einen wilden Drachen besiegt und sei außerdem unverwundbar. Von seinen anderen Heldentaten mal ganz abgesehen.

Aber kein Drache kann es mit Hagen von Tronje aufnehmen - zumindest nicht was Einfallsreichtum und Niedertracht angehen. Siegfried ist nicht unverwundbar.

Da ist ein kleiner Fleck auf seiner Hornhaut, in Form eines Lindenblattes...

Und außerdem ist er dumm. Ihn reinzulegen dürfte für einen Hagen kein Problem sein. 

(Was ich mich immer schon gefragt habe: warum hat sich der Recke eigentlich in dem glitschigen Drachenblut gewälzt???)

Tod eines Helden

Zunächst lässt der umtriebige Oheim eine Kriegserklärung gegen Burgund erfinden, um den tapferen Helden um Hilfe bei einem Feldzug bitten zu können. Was dieser natürlich freudestrahlend zusagt. Ist schließlich langweilig wenn man nicht ab und zu ein paar Köpfe einschlagen kann.

Dann muss er nur noch Kriemhild einlullen, von der er annimmt, dass sie das Geheimnis der verwundbaren Stelle kennt. Und ausplaudern wird. Diskretion ist schließlich nicht ihre Stärke.

Sie ist ohnehin angeschlagen, seelisch wie körperlich. Ihr Held hat sie grün und blau geprügelt, was ihrer Hingabe an ihn aber keinesfalls abträglich ist, denn sie ist - wieder mal - unsagbar stolz darauf, dass ihr Gemahl erneut zur Rettung des Landes erkoren ist. Als Hagen bei ihr anklopft um sich zur Heerfahrt zu verabschieden, bittet sie ihn erstaunlicherweise darum, auf Siegfried acht zu geben - als ob der das jemals nötig gehabt hätte - und ihn nicht entgelten zu lassen, was sie - Kriemhild - der Königin angetan habe. 

Also muss ihr doch irgendwie geschwant haben, dass ihr kein Busenfreund ihres Gatten gegenüber steht. 

Und dennoch geht sie ihm in die Falle. 


Exkurs zum Verprügeln von Frauen im Mittelalter:

Mathilde von Flandern, Herzogstochter, und, wenn die Überlieferung nicht schwindelt, eine Schönheit, weigerte sich (um 1049) den Bastard Wilhelm zu heiraten.

Weil er ein Bastard war.

(Unehelicher Sohn eines Herzogs, und Enkel eines Leichenbestatters, was noch nie ein angesehener Beruf war.) 

Was Wilhelm äußerst übel nahm.

Ausgestattet mit dem Ego eines Tyrannosaurus Rex sah der Verschmähte sich entsprechend in seiner Ehre getroffen.


Also drang  er in Burg und Kemenate der Auserwählten ein - wie auch immer er an den Wachen vorbei gekommen ist - wo er sie windelweich prügelte und vermutlich auch vergewaltigte. (Zumindest berichten die Chronisten, er habe ihr Kleid mit dem Schwert zerfetzt.)

Worauf Mathilde erklärt haben soll nur ihn und keinen anderen heiraten zu wollen.

Was anderes blieb ihr wohl auch nicht übrig. Willy hatte Fakten geschaffen.

 

Da er 17 Jahre später durch die Eroberung Englands - und  brutalster Niederschlagung diverser Aufstände - besagtes Ego reichlich austobte  machte er sie zur Königin, was sie vermutlich entschädigte. Im Übrigen soll die Ehe angeblich glücklich gewesen sein. Zumindest sind keine Seitensprünge oder königliche Bastarde bekannt, was wohl allgemein als harmonische Beziehung anzusehen ausreicht..  

Da sich aber Frauen bis heute von ihren Männern verdreschen lassen und es auch noch als  eigene Schuld ansehen gibt es wohl keinen Anlass über das Mittelalter die Nase zu rümpfen. 

Und Königinnen werden die wenigsten von ihnen.


So weit, so schlecht. Weiter gehts.

Kriemhild bittet Hagen also um Schutz für ihren Gemahl. Hagen fragt wie er denn das anstellen solle, da er ja die verwundbare Stelle des Helden nicht kennt?

Sie zögert, ist ängstlich, aber Hagen sitzt stumm vor ihr wie eine Spinne am Netz. Dann beschwört sie die Sippentreue - schließlich ist er ja ihr Verwandter. Sie spricht die alte, germanische  Stammesformel: Ich bin deines Blutes und du bist meines Blutes...

Hagen schweigt weiter, aber nicht einmal das lässt sie innehalten. Sie liefert ihren Mann dem Tronjer aus, verrät das Geheimnis und erklärt sie würde ein Zeichen auf Siegfrieds Wams nähen.

Dämlicher geht kaum noch, aber irgendwie muss Hans Ulrich die Story ja zum Weiterlaufen bringen. Selbst schuld, schließlich hat er das Bad im Drachenblut und die Hornhaut erfunden. 

Und somit reitet er zum Tor hinaus  der wackere Held, hoch erfreut sich wieder ein wenig austoben zu können -  der letzte Drachenkampf liegt ja schon ziemlich lange zurück - und in seliger Unkenntnis, dass er sein Todesurteil auf dem Rücken trägt.  Kriemhild hat es ihm selbstredend nicht mitgeteilt, allerdings noch dringend versucht ihn von dem Feldzug abzuhalten.


Und natürlich hat er es beim Anziehen nicht gesehen. Und hinter ihm lauert Hagen, Kriemhilds Zeichen deutlich vor Augen.

 

Die 15. Aventüre bringt uns in die Grenzgebiete der menschlichen Bösartigkeit - das heißt Hans Ulrich bringt uns dorthin und wir folgen notgedrungen. 

Zunächst mal - Überraschung - tauchen, kaum einige Meter von den Stadtmauern entfernt, plötzlich "staubbedeckte" Reiter auf. Fahnenschwenkend. Konkret gesagt: weiße Fahnen. Es sind Abgesandte der Kriegshorden, die angeblich im Anmarsch sind, und sie bitten um Frieden. (!!!!) Das burgundische Heer macht kehrtum und der Held steht da und sieht weit und breit keinen Schädel mehr zum einschlagen. 

Gunther, best Kumpel of the world, schlägt daraufhin vor, eine Jagd zu veranstalten. Feuerspeiende Echsen sind zwar schon lange nicht mehr gesichtet worden, aber im Odenwald treiben sich noch genügend Untiere herum die man erlegen kann. 

Selbstverständlich stimmt der Recke freudestrahlend zu und wundert sich kein bisschen dass sowohl Gernot als auch Giselher sich entschuldigen lassen.

Vermutlich mit Migräne. "Daz kint" vergräbt sich todunglücklich in seinen Gemächern um ein wenig zu weinen.

Halali.  

Und nun lässt Hans Ulrich seinen Helden noch einmal zu Hochform auflaufen. Er zeichnet eine wahre Prachtgestalt im schwarzen Jagdkostüm - er hatte also noch Zeit sich passend umzuziehen - mit Pantherfell und surrendem Bogen, und jeder andere neben ihm sieht nicht nur fad und bleich aus sondern guckt auch in die Röhre. Denn nun erlegt er: ein Wildschwein, einen Löwen(!!!), einen Wisent, einen Elch, vier Auerochsen, einen Hirsch, mehrere Hinden, einen Eber und schließlich noch einen Bären. Mit bloßen Händen. Der Wald muss anschließend leer gewesen sein.

Er ist der Größte, der Schönste, der Gewaltigste. 

Erstaunlich, dass ihn nicht schon längst jemand erschlagen hat. 

Nun geht es an die Inszenierung zur Erlegung des eigentlichen Wildes.

Nach der Jagd werden die wackeren Waidmänner ausgiebig gespeist - aber nicht getränkt. Als dies Herrn Siegfried  schließlich auffällt schlägt Hagen - sich für den Misstand entschuldigend - vor, einen kleinen Verdauungsspaziergang zu einer nahe gelegenen Quelle zu unternehmen. Um die anderen Herren des Picknicks von einer Begleitung abzubringen, veranlasst er den Recken zu einem Wettlauf, den dieser selbstredend sofort annimmt - und natürlich wieder angeben muss, als ob er noch nicht genug Kostproben seiner Vortrefflichkeit abgegeben hätte. Also startet er in voller Rüstung  zum 1000 Meter Lauf und stellt den anderen frei zu sprinten wie auch immer sie wollen. Dass der Tronjer gut und gerne ein paar Jährchen älter ist als er selbst - zum  Zahlentohuwabohu der Altersangaben kommen wir noch - hat er ausgeblendet, wie so vieles andere.

Hagen steigt aus Wams und Hosen. Und nimmt auch keine Waffen mit, denn die wird ja sein Opfer freundlicherweise für ihn ins Ziel tragen.

Der Rest ist bekannt. Siegfried, der kleine Gentleman, erwartet breit lächelnd seine Mörder - Gunther, ebenfalls im Hemd, ist auch herangekeucht  - und fordert den König auf als erster zu trinken. Dann kniet er - sozusagen filetierfertig - ebenfalls nieder, während Hagen vorausschauend, seine Waffen versteckt.

Bis auf den Speer.

Den hebt er und stößt ihn dem Helden mit aller Kraft zwischen die Schulterblätter.

Und macht dass er wegkommt. 

 

Keine Sekunde zu früh.

 

Siegfried, obgleich tödlich getroffen, sieht den Tronjer flitzen, setzt ihm nach und verpasst ihm noch ein paar Hiebe. 


Sie reichen zwar aus um den feigen Attentäter - denn etwas anderes ist er nicht -  noch ein wenig einzubeulen, aber mehr auch nicht.

Der Drachentöter, durch ein Lindenblatt dahin gerafft, bezeichnet die Mörder, von denen Hagen, im Gegensatz zu Gunther, der Tränlein vergießt,  bewundernswert die Fassung bewahrt, als das was sie sind und empfiehlt gleichzeitig Kriemhild der Obhut ihres  Bruders.

Und stirbt. Fast hört man Hans Ulrich schluchzen.

In der Nacht kehren die Jäger nach Worms zurück. In ihrer Mitte schleppen sie "daz tier daz si slougen",  die Beute der die Jagd gegolten hatte.

 

Sie laden den Toten zuvorkommend vor Kriemhilds Kemenate ab. 

Danach gehen alle schlafen.

Bis ein Schrei im Morgengrauen die Burg aufschreckt.

 

Kriemhild ist auf dem Weg zur Morgenmesse, als ihr ein Diener schreckensbleich den Weg versperrt: "ez lît ein ritter tôt erslagen"…

Kein Wort wer der erschlagene Ritter ist, aber das muss ihr auch nicht gesagt werden, denn sie weiß es sofort.

Also fällt sie zunächst einmal in Ohnmacht und als sie wieder zu sich kommt, ist die schreckliche Wahrheit immer noch wahr…

"do erschrie sie daz diu kemenate erdôz..."

Dieser Schrei der die Kemenate ertosen ließ - einfach bombastisch beschrieben von Hans Ulrich - lässt ihre Mannen zusammenströmen, die Xantener und Nibelungen. 

Der andere Teil der Burg, da wo sich die drei Nullen verschanzen, bleibt totenstill. Gernot und Giselher haben vermutlich Schlafmittel oder Siegfrieds Tarnkappe genommen, denn  sie bleiben unsichtbar. 

Auch Brunhild hat offenbar einen Bärenschlaf und erscheint nicht. Genau genommen erscheint sie überhaupt nicht mehr - außer in einer kurzen Notiz, beinhaltend, sie könne sich vor Übermut nicht lassen - wo auch immer sie abgeblieben ist um dieses zu tun. 

Vielleicht hat sie beschlossen nach Island zurück zu kehren und sich in eine neue Waberlohe zu legen. 

Ich an ihrer Stelle hätte es getan.

Für Hans Ulrich hat sie ihre Aufgabe erfüllt, denn die einzige Frau die jetzt noch eine Rolle spielt weint vor  ihrer Kemenate um ihren ermordeten Liebsten.

Dennoch funktioniert ihr Verstand offenbar knallhart, denn als Siegfrieds Mannen zu den Waffen greifen und den Palas stürmen wollen befiehlt sie Zurückhaltung. "ir sult iz lâzen! si haben wider einen (von uns) wol drîzec (dreißig) man!"

 

Von nun an bleibt  sie rätselhaft und undurchschaubar . 


Eine Witwe am Rhein

Schließlich wird  Siegfried aufgebahrt und dann im Münster beigesetzt.

In Worms.

Die drei Nullen kommen angeschlichen - um  ihr Beileid auszudrücken.

Kriemhild hört sie unbewegt an - und fordert dann eine Bahrprobe.

Kam damals grad in Mode.

Man trete an die Totenbahre und bei wem die Wunden wieder aufbrechen, der ist der Schuldige. Hagen hat damit kein Problem. Er marschiert heran und flugs sprudelt die Blutfontäne. Eigentlich ist er somit ein Fall für  Kerker und Henker. Aber - wen wunderts - es passiert nichts.

Gunther erzählt allen Ernstes dass es Räuber waren, die den Helden - der zuvor einen Bären mit bloßen Händen gefangen hat - erschlugen, und stellt somit seinem Kumpan einen Persilschein ausZumindest versucht er es.

Aber das Gottesurteil ist gesprochen und alle haben es gesehen, denn das Münster ist voll besetzt bis auf den letzten Platz. 

Und Kriemhild hat die Bestätigung für das was sie längst weiß. 

Jeder andere weiß es nun auch.

 

Und Hans Ulrich huscht zur nächsten Szene.

In der Kriemhild zunächst wieder in Ohnmacht fällt und dort einige Zeit verbleibt, entweder in der Hoffnung aus dem bösen Traum wieder erwachen oder aber zu ihrem toten Liebsten aufschließen zu können. Beides erfüllt sich nicht.

Die Xantener brechen auf, heim in die Niederlande, und obgleich von ihrem Schwiegervater inständig um Begleitung gebeten und sich ihr kleiner Sohn schließlich dort befindet, entschließt sie sich in Worms zu bleiben. An Siegfrieds Grab und bei seinen Mördern. Die aber auch ihre Sippe sind.

Sie wirft  jede Menge Gold unters Volk - damit dieses für Siegfrieds Seelenheil beten kann, was sich offenbar besser bewerkstelligen lässt wenn man reich ist - und bezieht neben dem Münster ein Haus. Mit ihrem Gefolge  und Markgraf Eckewart, den sie einst als Mitgift geerbt hatte.

Außer ihrer Mutter und den beiden "schuldlosen" Brüdern, Gernot und Giselher, sieht sie niemanden. 

Ihr Leben besteht aus "weinen unt niht anderes".

Jahrelang. Na ja - vermutlich auch noch aus weben und sticken.

Wieder mal.

Hans Ulrich gibt sogar eine genaue Zeitangabe: 

viereinhalb Jahre währt das Dasein  zwischen Kirchgang und Grabpflege. Kein Wort spricht sie mit Gunther, und Hagen kommt ihr wohlweislich auch nicht unter die Augen. 

Aber genau dieser gedenkt ein Ende dieses Zustandes herbei zu führen - nicht etwa um Kriemhild zu versöhnen oder gar zu trösten, sondern um an den Nibelungenhort heran zu kommen.  Ihr Verbleib in Worms war nicht auf seinem Mist gewachsen, sondern in erster Linie auf dem Giselhers, kommt ihm aber jetzt sehr zupasse. Der Schatz ist weit weg, in Norwegen, und nur Kriemhild kommt offenbar an ihn heran. (Vielleicht ist sie aber auch nur die einzige die den genauen Standort kennt.) Gleichviel - warum soll dieser gigantische Reichtum dort oben in einer Höhle verrotten, wo man ihn doch hier sehr gut gebrauchen kann? Und was nützt er der Witwe, deren verbleibendes Lebensziel ja offensichtlich trauern heißt?

Diese logischen und sehr verlockenden Vorstellungen trägt er also der Obernull vor und findet sofort ein geneigtes Ohr, sowie eine Idee wie vorzugehen sei. Die "schuldlosen" Brüder werden vorgeschickt um das Herz der Schwester zu erweichen, mit der Beteuerung dass Gunther nichts mit dem Tod des Gatten zu tun hat. Sie möge doch mit Klagen und Weinen aufhören und sich  zurück in den liebenden Schoß ihrer Sippe begeben.

 

Und tatsächlich - nach einigem Hin und Her gibt Kriemhild nach und lässt die Schuld allein bei Hagen. 

Man versöhnt sich mit Gruß und Kuss.

Und sie gibt Anweisung den Schatz holen zu lassen.

Spätestens hier fragt man sich, ob sie noch ganz dicht ist.

Germanisten haben herdenweise versucht Kriemhilds Handeln zu ergründen, so als sei sie eine reale Person, was mich immer schon verblüfft hat. Das ist sie nun mal nicht und Hans Ulrich ist kein Siegmund Freud. Er erzählt eine Geschichte und bezieht sich dabei auf unzähliges Sagengut. Seine Genialität war es, die aus unterschiedlichsten Strängen ein Gesamtkonzept konstruiert hat, unter anderem aus der Siegfriedsage und dem Atlilied - zu dem wir erst noch kommen.

Kriemhild verhält sich nicht unlogisch sondern, dem Konzept der Story nach, folgerichtig. Sie kehrt nicht nach Xanten zurück, wo sie Königin gewesen wäre und wo ein Kind auf sie wartet, sondern bleibt trauernd in Worms. Sie versöhnt sich mit Gunther und lässt sich bereden, den Nibelungenhort herbei zu schaffen, auf dass er Haus und Hof und sämtliche Keller vergolde. 

Den Grund für Letzteres erläutert Hans Ulrich nicht.

Das überlässt er gemeinerweise ganzen Heerscharen von Germanisten.

Wenn "ahzec hundert mannen"  achtausend Männer heißen soll, muss Worms entvölkert gewesen sein, denn soviel Personal schickt Kriemhild nach Nibelungenland.

Gernot und Giselher reisen vorsichtshalber mit um mit Alberich zu verhandeln. Der ist ja sozusagen Truchsess des Hortes und rückt ihn nur zähneknirschend heraus.

Man höre und staune: zwölf Wagen  hatten vier Tage zu tun um die Beute an Bord zu bringen.

Es muss eine ganze Armada vor Anker gelegen haben.

Aber sie schaffen es, unbehelligt von Stürmen und Piraten,  zur Rheinmündung und dann den Fluss hinunter -(an Xanten vorbei)- bis nach Worms.

Wo Kriemhild ihre Morgengabe in Verwahrung nimmt. Vermutlich hat sie dazu ein paar Scheunen angemietet.

Was ja keinesfalls in Hagens Sinne gewesen war - und schon gar nicht seinen Beifall findet als Kriemhild beginnt, die Reichtümer unters Volk zu werfen. 

Nicht nur dass sie arme Witwen und Waisen beglückt, sondern sie sammelt auch ganze Hundertschaften hungerleidender  Ritter um sich.

Hagen wird hellhörig und bei Gunther vorstellig. Der kaut eine Runde an den Nägeln und ziert sich und versucht abzuwiegeln.

Der Alte bleibt stur und schreitet selbst zur Tat. Er klaut zunächst die Hausschlüssel und danach die Schätze. Wie auch immer er das angestellt hat... (Zwölf Wagen, vier Tage!)

Die getreuen Brüder, von Kriemhild um Hilfe angefleht, schwören ihr - allen voran Giselher - Gerechtigkeit, allerdings müssen sie zunächst dringend auf Geschäftsreise. 

Bei ihrer Rückkehr hat Hagen den Hort bereits im Rhein versenkt und somit vollendete Tatsachen geschaffen.

Wem sie nützen sollen war mir immer schon schleierhaft und auch die drei Brüder wissen es nicht. Nun hat ja schließlich keiner was davon.

Also verurteilen sie unisono Hagens Raub: "er hât ûbele getan." Nein sowas aber auch!

Hagen scheint nach dem Motto zu operieren, das er keinen Ruf mehr zu verlieren hat. Schon dass er sich über seinen Souverän und König unverfroren hinweg setzt macht ihn eigentlich reif für den Strick. 

Vorsichtshalber verzieht er sich eine Zeitlang und wartet ab, bis die Wogen am Hof sich wieder geglättet haben, was nicht allzulange dauert, "biz er gewan ir hulde".

 

Einzig Kriemhild grollt.

Und das tut sie für die nächsten achteinhalb Jahre.

Hier endet der erste Teil.

Kriemhild lebt weiterhin in Worms - wovon erläutert Hans Ulrich nicht. Schließlich müsste sie ja jetzt restlos verarmt sein.

Es hätte eigentlich damit enden können, dass sie bis ans frühe Grab vor sich hin trauert, gefangen in ihrer Hilflosigkeit und ohnmächtigen Wut - und ihren Schuldgefühlen. Schließlich hat sie ja einen gerüttelten Anteil an der Tragödie.

 

Aber Hans Ulrich holt tief Luft und setzt noch einmal an. Denn so kann es nicht enden - der schmähliche Tod seines Lieblingshohlkopfes muss gesühnt werden. 

Wenn nicht durch Gott, dann durch ihn.

Genauer gesagt: durch Kriemhild.

"Normaler"weise wäre es die Aufgabe ihres Sohnes gewesen, der ja inzwischen die Schwertleite erhalten haben muss. Hans Ulrich übergeht ihn eiskalt, er existiert nur in einer kurzen Erwähnung. Dass der Dichter die Vergeltung der Frau überträgt ist bemerkenswert und ganz und gar gegen das Gesetz der germanischen Sippentreue. Diese ersetzt der Dichter durch die Gattenliebe - weit über den Tod hinaus...

Diese Kriemhild ist nicht mehr archaisch sondern hochmittelalterlich. Da ist das Lied ja schließlich auch entstanden, selbst wenn Hans Ulrich ständig über die Fallstricke der Ursagen stolpert.