es ist lange her...

 

es ist lange her, und vielleicht - hoffentlich - nicht mehr wirklich aktuell, weil wir jetzt das Jahr 2022 schreiben und es ein wirklich schlimmes Jahr ist; weil 2 Jahre Coronaseuche noch immer nicht überstanden sind, weil ein menschenverachtender Irrer einen Krieg  in Europa angezettelt und damit das Entsetzen vor meine Haustür gebracht  hat; weil ich alt und müde und krank und mir meiner Sterblichkeit bewusst geworden bin; und weil ich weiß dass die Welt kein bisschen besser geworden ist - ungeachtet aller Mühen und Anstrengungen der Menschen die sie besser machen wollten...

 

Sent: Sunday, December 15, 2013 8:29 PM

Subject: Musketierkurier zum 3.Advent...ein "Heyss Eysen": animal hoarding und wir...

 

Nicht dass ich den Stein der Weisen gefunden hätte und behaupten wolle genau zu wissen wie es zu animal hoarding kommt; ich weiß es nicht mal ungenau.

Was ich heute will ist ein Blitzlicht werfen auf die Verantwortlichkeit der „anderen“ – derjenigen, die wissen  - oder zumindest doch ahnen könnten – dass die Pflegestelle, oder sogar Endstelle, die selbst zugibt schon  „eigentlich“ übervoll zu sein, aber „uneigentlich“ resümiert, dass es ja auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr ankäme, sowohl eigentlich als auch uneigentlich schon zu voll ist – und dennoch die arme, geschundene Seele, die sie irgendwo aufgesammelt haben, dorthin geben.

Weil das immer noch besser ist, als das was sie zuvor hatte.

Tatsächlich?

Mir ist immer noch der "Zarenhof" sehr deutlich im Gedächtnis und das Wolfsgeheul mit dem sich aufrechte Tierschützer auf Gesa Kuhn stürzten, die es fertig gebracht hatte, ein wunderbares Objekt, das ein wunderbares Zuhause für arme, verwahrloste, misshandelte Geschöpfe werden sollte, in einen abartigen Trümmerhaufen zu verwandeln, in einen Dreckstall ohnegleichen, in dem die armen, verwahrlosten, misshandelten Geschöpfe nur noch vor sich hin vegetierten … und ich habe bereits damals die Frage gestellt, ob all die Tierschützer, die ihr diese Tiere gebracht hatten, selbige denn nur am Tor abgeladen hätten, ohne auch nur einen einzigen Blick hinter die Kulisse zu werfen?

Das war und ist für mich schwer vorstellbar.

Ich weiß dass auch Gesa Kuhn einmal anders angefangen hat; was ich nicht weiß ist, wie es dazu kam, dass sie dermaßen abrutschte und sich selbst und die Situation in die sie und ihre Tiere gerieten, völlig verlor; ich denke aber, es muss Anzeichen dafür gegeben haben. Es muss Menschen in ihrem Umfeld gegeben haben, die es gesehen haben oder hätten sehen können – und weg sahen.

Das mittelalterliche „Heyss Eysen“ war – nach Hans Sachs – ein Gottesgericht, nach dem nur der Wahrhaftige es neun Schritte tragen konnte, ohne sich die Hände zu verbrennen; heute verstehen wir darunter eher eine Situation in der man ein heikles Thema anspricht, durch das man selbst Probleme bekommen …sprich, sich die Pfoten verbrennen kann. (was ich wirklich ganz aufrichtig nicht hoffen will)

Da geht ein fürchterliches Bild durch den Verteiler, von einem Hund, der, wie es aussieht, mit Axtschlägen traktiert wurde. Aus Rumänien, das momentan die Hitliste anführt für grausamste Verstümmelungen und Misshandlungen. Warum dieses und ähnliche Fotos unbedingt herum geschickt werden müssen entzieht sich – ein wenig – meinem Verständnis. Ich glaube nicht, dass irgendjemand im Verteiler noch einen solchen Beweis für die Bestie Mensch braucht.

Aber natürlich zeigt es Wirkung und es meldet sich eine Tierfreundin, die dieses, oder ein anderes gequältes Tier aufnehmen will – und nach eigenen Angaben

schon drei Hunde und fünf Katzen hat, auch diese bereits teilweise schwerst gequälte Kreaturen aus dem Ausland. Weiter ist sie berufstätig und sieht selbst dass sie „eigentlich“ momentan gar kein Tier mehr aufnehmen sollte, da sie finanziell sehr knapp ist. Dennoch hat sie sich vorgenommen  wenigstens eins aus dieser Hölle herauszuholen. Weil es auf eines dann auch nicht mehr ankommt.

Das wäre dann Tier Nummer neun, in einer Etagenwohnung, bei einer voll berufstätigen Frau mit knappen Mitteln, die sich doch „eigentlich“ darüber klar sein müsste, dass ein so schwer verletztes Tier erhebliche TA Kosten verursachen wird… die bezahlt werden müssen – womit?

Was mich noch viel mehr erschreckt hat als diese Bewerbung war die durchaus ermutigende Antwort darauf.

Man wünscht Glück bei der Suche.

Hat man nicht genau gelesen??? Oder huldigt man nur der Vorstellung dass man retten muss, um jeden Preis, weil keine Hölle schlimmer sein kann als die in der sich die unsäglichsten Gräueltaten abspielen? Auch um den Preis, dass man sich weigert zu sehen, dass hier auch eine Menschenseele in Gefahr ist?

 

Barmherzigkeit und Mitgefühl gehören zu den besten und wertvollsten Eigenschaften zu denen Menschen (wenn sie auch kein pre darauf haben) fähig sind. Solange man sich – wenigstens ein bisschen – darüber klar ist, dass es dabei oft auch um die Hoffnung geht, die Wunden heilen zu können, die der eigenen Seele geschlagen wurden, irgendwann, von irgendwem, um wenigstens einen kleinen Teil vom Garten Eden zurück zu holen in eine Welt des Grauens zu der diese Welt geworden ist – solange man das noch weiß, wird man nicht die Distanz verlieren, die zwischen uns und dem allgegenwärtigen Elend steht.

Dann werden wir nicht Gefahr laufen so lange in einen Abgrund zu starren bis der Abgrund in uns hinein stürzt. Hat Nietzsche gesagt, nicht ich.

Aber der wusste wovon er redet, denn er hat genau das getan.

 

Wir können nicht die Welt retten.

Auch wenn wir es immer wieder versuchen.

Aber wenn wir dabei nicht mehr sehen können, dass unser Mitmensch verloren geht – was haben wir dann tatsächlich gerettet????

 

Alle meine bisherigen Musketierkuriere sind verschwunden, daher weiß ich nicht ob es der 6.7. oder 8. ist …

… darum ist es der Weihnachtsmusketierkurier.

 

(der mir vermutlich doch die Finger verbrannt hat…)